Das Bergwerk in S-charl

S-charl, vom Silber bis zum Tourismus

Mitten, zwischen dem Inntal und dem Münstertal, befindet sich der Weiler S-charl. Er gehört politisch zur Gemeinde Scuol und liegt auf einer Meereshöhe von 1810 m.ü.M. S-charl kann mit den öffentlichen, sowie auch mit den privaten Verkehrsmitteln erreicht werden. Der Ort selber ist verkehrsfrei. Weiter geht es nur noch zu Fuss, mit dem Fahrrad oder hoch zu Ross. Es ist ein herrlicher Ausflugsort für Leute, die Ruhe und Entspannung in einer schönen Bergwelt suchen. Der Ort ist nur im Sommer bewohnt, während den Wintermonaten bietet eine Pension Übernachtungsmöglichkeiten für Tourenfahrer. Die 13 Kilometer lange Strasse von Scuol aus, wird im Winter ab dem grossen Schneefall bis Ende April nicht mehr geräumt, so dass S-charl nur noch zu Fuss, mit Skiern oder mit dem Pferdeschlitten erreicht werden kann.

Bergbautätigkeit

An diesem idyllischen Ort wurde vom 12. bis ins 17. Jahrhundert in einer ersten Periode und von 1811 – 1829 in einer zweiten Periode, Bergbau betrieben. Das Mineral Bleiglanz wurde am Mot Madlain (Mot = Hügel und Madlain = Familienna-me) gesucht und auch reichlich gefunden. Dieser Mot Madlain wurde während den vielen Jahrhunderten ausgebeutet. Man rechnet heute mit einem Stollennetz zwischen 10 – 20 Kilometern. Die Stiftung „Fundaziun Schmelzra S-charl“ ist im Jahre 1987 gegründet worden, um die Geschichte dieses Bergwerks zu erforschen, um die Ruinen der Schmelzanlage zu sichern und um die Anlagen, sowie die Stollen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Aus der ehemaligen Ruine des Verwaltungsgebäudes der zweiten Periode wurden ein Bergbaumuseum und ein Bärenmuseum errichtet. Denn im S-charltal, im Gebiet des heutigen Schweizerischen Nationalparks wurde am 1. September 1904 der letzte Braunbär in der Schweiz geschossen. Letztes Jahr wurde die 100 jährige Gedenkfeier dieses Abschusses zelebriert und dieses Jahr ist ein Bär wieder bei uns aufgetaucht. Abbauperiode 14-17Jh Erstmals wurde der Bergbau 1317 urkundlich bezeugt. Die Bergleute wurden unter der Führung eines Bergrichters nach S-charl geschickt um Erz zu schürfen. Gesucht wurde vor allem das Silber, das in einem kleinen Verhältnis im so genannten Bleiglanzmineral vorkam. Von rund 3 Tonnen Erz konnte man 3 kg Blei und 30 Gramm Silber gewinnen. Trotz dieser kleinen Menge, hat sich der mit Schlegel und Eisen sehr mühsam durchgeführte Abbau scheinbar gelohnt. Das abgebaute Erz, das am Mot Madlain von Hand über eine Höhendifferenz von 350 m hinunter transportiert wurde, ist in den Verhüttungsanlagen von S-charl aufbereitet worden. Der Transport der Silber und Bleibarren erfolgte mit den Säumern über den Costainas Pass bzw. über das S-charler Joch ins Münstertal, dann weiter ins Vinschgau bis nach Meran und Bozen, wo es zu Münzen oder Schmuck verarbeitet wurde. Auf dem Rückweg wurden Lebensmittel für die Bergbaubelegschaft transportiert.

Holzbewirtschaftung

Holz war während dieser Zeitperiode im Gebiet des Oberinntals durch die grosse Bergbautätigkeit (Rösten und Schmelzen des Erzes mit Holzkohle) knapp gewor-den, so dass die Tiroler bis in die Gemeinden des Unterengadins kamen um Ver-träge für die Abholzung ganzer Waldpartien abzuschliessen. Das Holz wurde durch das sogenannte Flözen (Abschwemmen) in den Seitenflüssen und dem Inn entlang bis zu den Bestimmungsorten gebracht. Der Bergbau in S-charl dauerte bis ins 17 Jahrhundert. 1652 haben sich die Unterengadiner für 26'600 Gulden von den österreichischen Rechten losgekauft und somit endete auch die erste Bergbauperiode in S-charl.

Zweite Abbauperiode 1811-1829

1811 kam Landamann Hitz von Klosters, der am Silberberg in Davos tätig war, nach S-charl. Durch seinen Bergmeister Johann Georg Landthaler konnte festge-stellt werden, dass das S-charler Erz trächtiger war - vor allem enthielt es mehr Sil-ber - als das am Silberberg in Davos. Mit der Gemeinde Scuol konnte ein entspre-chender Vertrag abgeschlossen werden. Durch die beinahe 200 Jahre Brachlegung der Anlagen in S-charl musste der Industrielle Hitz die ganzen Einrichtungen neu aufbauen. Er schürfte mit den damals neuen Sprengmethoden ab. Das Erz führte er mit dem Fuhrwerk zum Schmelzwerk.1820 begann Hitz mit der Förderung, 1825 konnte er die Hochblüte feiern. Dann ging es nur noch abwärts. 1829 musste Johannes Hitz den Konkurs anmelden.

Nun wurde es im S-charltal ruhig, und es kam zu keinen nennenswerten Abbautätigkeiten mehr. In den 1960iger Jahren wurden die Engadiner Kraftwerke gebaut. Damals ist auch die Zufahrtsstrasse nach S-charl zum Teil neu gestaltet und für den Autoverkehr zugänglich gemacht worden. Während dieser Periode ist der Weiler elektrifiziert worden und somit wurde der Anstoss für die Entwicklung eines sanften Tourismus gegeben. Peder Rauch

Bergrichter (der Höchste in Val S-charl)
Erztransport am Gonzen
Triftklause (Spöltal)